Tee in Berlin
 
Tea & Cappuccino
Bar e33

Quartier 206
Berlin Mitte

Kurzbesuch
1 Kännchen Assam Bukhial im e33

Tee in der Gastronomie ist immer problematisch. Guter Tee ist nicht teuer und nicht schwer zuzubereiten, aber Gastronomen gelingt letzteres fast nie. Das mag auch daran liegen, dass kaum ein Kunde hier über Qualitätsbewußtsein verfügt. Oder, was schlimmer wäre, daß keiner hofft, solches beim Gastronomen gut aufgehoben zu wissen.

Wenn ein Straßencafé (bzw. eines in einer Passage) sich schon Tea & Cappucino Bar nennt, lässt das auf jeden Fall hoffen, mit Sachverstand zubereitete Qualität in die Tasse zu bekommen. In den Friedrichstadtpassagen, im Quartier 206 ist die Tea & Cappucino Bar e33. Keine Ahnung, was das e33 bedeuten soll. Ich setzte mich und blätterte die Karte am Tisch durch.

Etwas weniger als zehn Sorten werden angeboten, nicht alle sind echter Tee (Camellia sinensis). Einige Infusionen sind darunter, die sich im Deutschen unkorrekterweise mit dem Namen Tee schmücken. Merkwürdig und bedauerlich, daß keine Blattgrade angegeben werden.

Ich bestelle ein Kännchen Assamtee von der Plantage Bukhial, das folgendermaßen in der Karte aufgeführt ist:

Die Beschreibung hätte mich schon stutzig machen sollen, denn sie ist ein Bespiel dafür, daß es bei Fakten nicht nur eine Rolle spielt, ob sie wahr oder falsch sind. Sondern auch, ob sie bei aller Richtigkeit relevant sind oder nicht. Sicherlich liegt Assam im "Himalayagebiet". Aber das kann man über große Teile Nordindiens sagen.

Die Plantage Bukhial liegt im Bezirk Golaghat im indischen Bundesstaat Assam. Das dortige Teeanbaugebiet liegt in der Flußniederung des Brahmaputra und flach wie ein Brett. In Bukhial wird Tee in orthodoxer Art und auch nach der CTC-Methode hergestellt.

"Leicht malzig" liest sich natürlich gut: Das ist eine bei guten Assams zuweilen vorkommende Geschmacksnote, die Kenner sehr schätzen und suchen. Ich auch.

Aber "ca. drei bis vier Minuten ziehen lassen" - Soll ich das etwa selber tun? Und nur drei bis vier Minuten, um einen malzigen Geschmack im Aufguss zu unterstreichen?

Kurz darauf kommt die Kellnerin mit einem Tablett an den Tisch und serviert mir:

Da weiß ich, daß das so nichts wird.

Das Geschirr ist aus weißem Porzellan mit orangem Dekor, auf dem sich auch das Firmenlogo wiederfindet. Ein Großteil der Kosten dieser Teeportion wird vermutlich für Spülmittel benötigt werden bei dieser Irrsinnsmenge Porzellan, die vielleicht unbedarfte Gäste beeindrucken soll.

Schwarzer Tee muß mit sprudelnd kochenden Wasser übergossen werden, wenn man seine charakteristischen Geschmacksnoten erreichen möchte. Die Teeblätter (hier orthodoxe Herstellung, Blattgrad FOP) nachträglich in wieder erkaltendes Wasser tunken, das führt zu nichts. Jedenfalls nicht zu gutem Tee.

Und warum zwei Filtersäckchen? Soll ich einen in die Tasse tun und mit dem lauen Wasser übergießen (das Verb 'überbrühen' ist hier unangebracht) um später den Zweiten mit dem noch kälteren Naß zu netzen? Die Kellnerin gibt mir keine Anleitung, was ich hier wie bedienen soll. Aber die brauchte ich auch nicht mehr haben.

Ein Filtertütchen - darin etwas wenig Blätter für mein Gusto - hänge ich in die Tasse und übergiesse es, das Zweite stopfe ich sofort danach ins Kännchen, damit es Chancen hat, sich zu entwickeln.

Der Tee kommt über eine orange Farbe nicht hinaus, die gut zum Font des Porzellans paßt. Bukhial, wohlgemerkt! Kinderleicht zaubert man damit eine tiefrote Farbe in die Tasse - aber eben nicht mit lauem Wasser... Von Malzgeschmack keine Spur, auch keine leichte. Die zweite Tasse, dann aus dem Kännchen, kommt nicht besser daher. Da ich gleich bezahlt hatte, konnte ich sie nach zwei Schlucken stehen lassen und gehen. Ein aufschlußreicher Kurzbesuch.

 

PS für Norddeutsche: Auf der Eiskarte gibt es einen "Norddeichbecher": "Vanilleeis mit feinster Vierländer Rote Grütze".

(19.07.2001)

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