Wang Shuo: "Oberchaoten"

"Müßt ihr denn ausgerechnet Schriftsteller werden?
Ihr seid doch nicht auf den Kopf gefallen!"

(S. 246)

Was soll schon dabei herauskommen, wenn eine Gang junger halbstarker Chinesen in einer Welt der sozialistischen Marktwirtschaft viel in Bewegung setzt, um nur ja nichts tun zu müssen? Immerhin eine Menge amüsant-unflätiger Slapstik-Dialoge und einige witzige Ideen, etwa die Firma "3TD", 3 tolle Dienstleistungen, die einfach alles ermöglicht. Du hast grade mal zwei Artikel geschrieben, willst aber einen landesweiten Literaturpreis gewinnen? 3TD richtet den Preis schon her. Vertreter für ein Rendezvous gesucht? Machbar. Zur Hochzeit fehlt noch der Bräutigam? Auch kein Problem, kostet aber. Ganz ernst ist die Sache nicht, recht gewinnbringend offenbar auch nicht, denn nach Kurzem entschließen sich die Gesellschafter, Schriftsteller zu werden, weil die bekanntermaßen so herrlich verkommen sind. Fast 270 Seiten geht es in diesem Stil, ohne das wirklich etwas passiert, außer, daß nächtelang ernsthaft gespielt wird. Wang Shuo präsentiert, nicht immer ohne seichte Stellen, mit "Oberchaoten" ein Szenengewitter, das nebenbei auch an dem Klischee kratzt, alle Chinesen polierten ständig das Bruttosozialprodukt. Das typische Geräusch Chinas ist nicht der Lärm der Maschinen, sondern das Klacken der Mahjongg-Steine.

WANG Shuo : Oberchaoten. - Zürich: Diogenes, 1997. - 269 S., 38 Mark

Erschienen in: motion : real life magazine, H. 4/97, S. 176

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